Vor dem 2. Weltkrieg war mein Vater Wilhelm Goldstein für die Papierverarbeitungsfirma Joh. Heinrich Wessel freier Handelsvertreter (Gebiet Ostfriesland).

Am 01.04.1935 meldete er einen Handel im Stadtgebiet Herford mit Papierwaren, Tüten und Beutel für Lebensmittelgeschäfte, Einschlagpapiere für Textilgeschäfte, Schlachterpapiere, Bindfäden, Papiernaßkleberollen und Kassenblocks an. Auslieferung mit Fahrrad und Anhänger.

1942 wurde er mit 47 Jahren zum Krieg nach Wilhelmshaven eingezogen. 1945 kam er per Fahrrad zurück und meldete ½ Jahr später sein Auto, Opel 1,2 l, wieder an. Während des Krieges war es abgemeldet und in der Garage auf Steinen hochgebockt. Die Räder waren versteckt, da das Auto sonst von der Wehrmacht beschlagnahmt worden wäre.

Jetzt konnte er mit dem Auto ausliefern. Im Garten an der Salzufler Straße wurde in Eigenarbeit mit Nachbarschaftshilfe ein kleines Lager gebaut. Hier lagerten kleine Mengen Bodenbeutel in verschiedenen Größen, Spitz- und Obsttüten mit und ohne Druck, Bäckerbeutel für 2 – 15 Brötchen, Pergamentpapier, rosa Einschlagpapier in 1/8 und ¼ Bogen für Schlachtereien, Seidenpapierrollen für Blumenläden, Zellulose- und Papierrollen für Textilgeschäfte dazugehörige Papier-, Tisch-, und Wandabroller, Pappteller in verschiedenen Größen für Kuchen und Gebäck, Pappteller mit Abriss für Würstchen, Butterbrotpapier und Toilettenpapier.

Anfang 1950 wurde eine „Dreikanntfeile“, ein Goliath, gekauft und ein junger Mann eingestellt, ein freier Vertreter, der für die Firma Goldstein die Industrie besuchte. Im Garten wurde mal wieder angebaut und das Lieferprogramm wurde erweitert. Möbelfabriken brauchten für Ihre Kupa-Maschinen Furnierpapier. Polstermöbelfabriken brauchten Graupappe, Nähereien brauchten Musterkarton und Schnittpapier, Seidenpapier zur Verpackung, Textilveredler brauchten Papphülsen um ihre Stoffe aufzuwickeln. Die Lebensmittelgeschäfte, Schlachtereien, Fischgeschäfte, Bäckereien, Schreibwarengeschäfte, Textilgeschäfte, Seilerwaren und Haushaltswarengeschäfte wurden aber auch weiterhin in Herford, im Lipperland und in Löhne beliefert. Es wurde ein Reisender eingestellt. Im Lager war meine Mutter eine ständige Hilfe. Im Laufe der nächsten Jahre veränderte sich das Geschäft immer mehr zu den Industriekunden hin. Kleine private Geschäfte schlossen sich den großen Einkaufsringen an. Die kleinen Lebensmittelgeschäfte gingen ein, es gab immer weniger lose Waren (Zucker, Mehl, Kaffee, Salz, Reis, usw.). Alles wurde bereits vom Hersteller, verpackt in kleinen Mengen, angeboten. Es kam der PE-Beutel, die Tragetasche und somit brauchten auch die Textilgeschäfte keine Einschlagpapiere mehr.

So verlegte die Fa. Wilhelm Goldstein ihr Interesse immer mehr auf die Industrie. 1957 trat ich, die Tochter, als Lehrling in die Firma ein. Inzwischen war der Garten an der Salzufler Str. zu ¾ in ein Papierlager verwandelt worden. Verkauft wurden Pack- und Seidenpapiere in verschiedenen Qualitäten und Abmessungen. Weiterhin brauchte die Industrie Wellpappe in verschiedenen Qualitäten und Breiten. Polsterbetriebe benötigten Graupappe für Sessel- und Couchrücken. Die Möbelfabriken brauchten Furnierpapier für ihre Kupa-Maschinen und Kartonagen wurden mit Naßkleberollen aus Papier verklebt.

Am 1. Januar 1966 wurde die Firma Wilhelm Goldstein in eine KG umgewandelt. In den 60er und 70er Jahren vertrieb der Kunststoff (PVC und PE) die Papierkleberollen, es kamen Selbstkleberollen (Tesafilm) auf den Markt. Kunststofffolie verdrängte immer mehr das Papier. Im April 1966 verstarb mein Vater im Alter von 71 Jahren. Das Gartenlager wurde zu klein, ein Umzug in die Visionsstr. stand an. Der große Hit war jetzt die Luftpolsterfolie, die jedoch auch sehr viel Lagerplatz in Anspruch nahm. Durch die Umgestaltung der Handelswaren war ein 7,5 Tonnen LKW gekauft worden. 1978 stand durch Platzmangel wieder ein Umzug an, dieses Mal nach Herford-Eickum. Das Personal war auf 5 Angestellte angewachsen.

1990 wurde die KG aufgelöst und eine GmbH gegründet.

Inzwischen ist die jüngere Generation ans Ruder getreten. 2010 habe ich die Geschäftsführung an meine jüngste Tochter, Christiane Müller geb. Steinhoff, übergeben.

2013 hat mein Schwiegersohn, der den Außendienst macht, in Kirchlengern eine große Halle gebaut und wir sind wieder umgezogen. Unser langjähriger Angestellter und Geschäftsführer Herr Michael Schmidt und meine Tochter Frau Christiane Müller sind nun die Verantwortlichen. Ich wünsche ihnen den nötigen Weitblick und viel Erfolg.

Margret Steinhoff geb. Goldstein

Ende 2016, nach nahezu 60 Arbeitsjahren, hat sich meine Mutter dann schweren Herzens endgültig aus dem Unternehmen zurückgezogen. Selbstverständlich schaut sie auch heute noch manchmal auf einen Kaffee vorbei und schaut nach dem Rechten … Wir sind ihr zu großem Dank verpflichtet und hoffen, das Unternehmen in ihrem Sinne erfolgreich weiterzuführen.

Christiane Müller, geb. Steinhoff

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